Presseberichte


Kleinkunstbühne feiert heißen Saisonabschluss beim Thaddäus-Fest

Die Kaisheimer Kleinkunstbühne geht in die Sommerpause. Und nimmt Anlauf für ein Herbstprogramm, das erneut Größen der Szene in die Marktgemeinde bringen wird.

Donauwörther Zeitung Nr. 176 vom 02. August 2023                * Von Elke Böcker *
Im Hof des "Thaddäus" herrschte schon ohne Musik prächtige Stimmung, doch mit den Villageboyz stieg das Barometer noch deutlich höher.          Foto: Elke Böcker

Kaisheim     Im heißesten Juli seit Men­schengedenken drohten schwere Ge­witter das obligatorische Hoffest des Thaddäus in Kaisheim wegzuspülen.
     Doch die Veranstalter - die Klein­kunstbrauerei Thaddäus, der För­derverein und die Familie Panitz - feierten einfach ein Haus- und Hof­fest - sehr zur Freude der Gäste, die es sich im Biergarten unter den Ap­felbäumen und im Saal gemütlich gemacht hatten.
     Zu heißen Rhythmen von den Villageboyz gab es fränkische Bratwürstl und eine lukullische Auswahl von der gewohnt guten Gasthaus­karte. Wein von den Wachauer Winzerinnen Mazza vervollständigte das kulinarisch-kulturelle Angebot.
     Die Villageboyz, ein sangesfreu­diges Trio aus Kontrabass, einem auf Snaredrum und Becken reduzierten Schlagzeug und Westerngitarre, spielte je nach Situation mit oder ohne Strom, plugged oder unplug­ged. Die drei boten tanz-taugliche golden Oldies, die schon in den 70ern echte Klassiker waren: „Return to Sender“, „Hang on Sloopy“ und „Sunny“, aber auch deutschsprachi­ge Hits aus unterschiedlichen Jahr­zehnten wie „Rote Lippen soll man küssen, „Hello Again“ und - passend zum Wechselwettertag - „Wann wird‘s mal wieder richtig Sommer?“
     Die Musiker hatten offenkundig genauso viel Freude am Spielen wie die repertoire-kundigen Gäste am Zuhören, gelegentlichen Mitsingen und schließlich auch am Tanzen. Musiker und Gäste wechselten von drinnen nach draußen und umge­kehrt, man ratschte, lachte, tanzte, aß und trank. Die Schwalben flogen tief, doch hoch genug, um der Super- Stimmung nicht zu schaden.
     
Auf das noch unter Verschluss stehende Herbstprogramm im Thaddäus darf man sich heute schon freuen: wie immer unterschiedlichs­te Kleinkunst auf hohem Niveau!


Ein heißes Sommerhoch mit „Tzigan“ im Kaisheimer Thaddäus

Das Gypsy Tango Trio aus Argentinien heizte seinem Publikum kräftig ein. Was das Besondere an diesem temperamentvollen, leidenschaftlichen Auftritt war.

Donauwörther Zeitung Nr. 163 vom 18. Juli 2023                * Von Elke Böcker *

Tzigan zeigten auf der Kleinkunstbühne des Thaddäus nicht nur virtuosen Können, sondern auch ein höchst eindrucksvolles, temperamentvolles Zusammenspiel.    Foto: Elke Böcker

Kaisheim   Ein fast unglaubliches Sommerhoch erlebten die Gäste noch kurz vor dem Ende der wun­derbaren Kleinkunst-Saison im Thaddäus in Kaisheim mit dem Gypsy Tango Trio Tzigan aus Ar­gentinien. Die drei Musiker Alejandro Montero (Gitarre, Gesang), Da­vid Macchione (Geige, Gesang) und Juan Sans (Akkordeon) aus Cordo­ba, die bereits im vergangenen Jah­re ihre Gäste restlos begeistert hat­ten, verzauberten ihr Publikum mit traditionellen Tangos aus Bue­nos Aires, Gypsy- und Roma-Traditionals aus Osteuropa - oftmals in ganz neuer Interpretation.
     Die drei nahmen ihre Zuhörer mit auf einen wahrhaft heißen mu­sikalischen Ritt durch Raum und Zeit. Melodien voller Sehnsucht und Schwermut, aber auch voller kraftvoller Vitalität schienen bei­nah zu berauschen. Alejandro Montero, David Macchione und Juan Sans verwandelten die Bühne des Thaddäus in eine weltumspan­nende Sound-Maschine, sie geisterten nicht nur mit ihrem vir­tuosen Können, sondern auch mit höchst eindrucksvollem, tempera­mentvollem Zusammenspiel und bei einigen Titeln auch mit klang­vollem Gesang in Romani. Die drei Musiker erzählten Geschichten von Romeo und Julia, von einer Reise mit der Transsibirischen Ei­senbahn (Transiberiano), die ganz anders als erwartet ausfiel und er­innerten mit „Geiern, Geiern“ an das schreckliche Schicksal Millio­nen Toter aus dem Volk der Roma während des Zweiten Weltkrieges. Ihre mitreißenden Tangos „Nocturna“ von J. Plaza oder „Li­bertango“ von Astor Piazzolla lu­den gleichsam zum Tanze ein; sie spielten für ein anwesendes Ge­burtstagskind einen „Ungarischen Tanz“ von Brahms und lockten mit Sehnsuchtsmelodien wie „Orien­tes“ auf eine Reise ans Ende aller Zeit oder zumindest auf die andere Seite der Welt.
     Tangos trafen auf Tradionals, Jazz auf die Musik Osteuropas - und etwas ganz Neues entstand. Musik kann kaum schöner sein. Wir hoffen alle auf ein Wiederse­he  im nächsten Jahr.
     Doch vorher gibt es am Don­nerstag, 27. Juli, noch Die BeaTels mit „Come Together“ und am Samstag, 29. Juli, das traditionelle Hoffest mit den Villageboyz, das bereits um 18 Uhr beginnt. Im An­schluss geht es im Thaddäus in die Sommerpause.
     Doch das Herbstprogramm mit vielen Newcomern ist bereits in Druck gegangen und erscheint Ende August. Denn jedem Ab­schied wohnt bekanntlich ja ein neuer Anfang inne.


Mit Geige und Akkordeon in Kaisheim: Großes Kino in kleiner Besetzung

Martina Eisenreich, Andreas Hinterseher und Wolfgang Lohmeier verzaubern das Thaddäus in Kaisheim.

Donauwörther Zeitung Nr. 144 vom 16. Juni 2023                * Von Tobias Böcker *

Augen zu, volle Konzentration: Martina Eisenreich verzaubert mit ihrer Geige das Publikum in Kaisheim.              Foto: Tobias Böcker

Kaisheim     Zum Auftakt natürlich ein Tango! Womit sonst sollte sich ein Duo mit Geige und Akkordeon im Thaddäus in Kaisheim vorstellen? Carlos Gardels „El dla que me quieras“ bringt eine lebensheiter-me­lancholische Note ins Spiel, die den Abend ein ganzes Stück weit durchtragen wird, auch da, wo Tempo und Abenteuer Einzug hal­ten.
     Ungemein vielseitig, was Marti­na Eisenreich an der Geige, Andre­as Hinterseher am Akkordeon und der zuweilen ins Spielgeschehen eingreifende Wolfgang Lohmeier am Schlagwerk bieten.
     Eisenreichs virtuoses, in vielen Facetten außergewöhnliches Gei­genspiel schüttet ein ganzes Füll­horn an Fantasie und Emotion in den Saal. Voller Schwung ist auch der Ideenfluss des andererseits nicht minder zu Herzen gehenden Akkordeons, das französisches Flair bester Musette-Tradition mit der Eindringlichkeit des Tangos und der Abenteuerlust des Reisen­den zu verbinden weiß.
     Als Duo sind die beiden optimal aufeinander eingeschwungen in wirkungsvoller Phrasierung, kon­gruenter Klanggestaltung und fei­ner Dynamik. Die Arrangements warten je und je mit Überra­schungsmomenten auf. Wohl kaum jemand hätte gedacht, dass auf die recht frei gestaltete Einlei­tung der Tangoklassiker „La Cumparsita“ folgen würde, eigentlich ein echter Gassenhauer, hier in au­ßergewöhnlicher, geradezu wun­dersamer Verkleidung.
     Die beiden verstehen es ausge­zeichnet, Spannungsbögen aufzu­bauen, Ahnungen zu wecken, Ge­heimnisse gerade so weit zu lüften, dass sie sich nicht entbergen, son­dern sogar vertiefen.
     Martina Eisenreich „hat auch noch einen bürgerlichen Beruf“, wie ihr Kompagnon bemerkt. Sie ist Komponistin für Filmmusik. Mehrfach ausgezeichnet sogar. In „II Postino“ ist der junge unglück­lich verliebte Postbote förmlich zu sehen, wie er die schwere Tasche und sein mindestens ebenso schweres Herz bergan schleppt.
     Durchaus inspirierend die Ge­schichten, die Andreas Hinterse­her zu der einen oder anderen „postinspirierten Reisemusik“ zu erzählen weiß, weitaus spannender dann jeweils die musikalische Um­setzung wahrer akustischer Roadmovies, etwa auf Helmut und Shakira, zwei tunesischen Dromeda­ren. Nicht nur zur wilden Flucht vor einem zornigen griechischen Hirten bis zum Schloss eines be­rüchtigten Grafen in Transsilva­nien gesellt sich Wolfgang Loh­meier mit seiner ganzen, rasanten perkussiven Energie.
     Musik aus aller Herren Länder ist zu erleben, mal ein Mitsommer­nachtstraum im Feenland, mal ein Märchen aus 1001 Nacht, mal ein zupackendes Abenteuer im wirkli­chen Leben, mal auch all das mitei­nander und mehr. Das grandiose Finale dann mit allem, was das Herz noch begehren konnte an die­sem herrlichen Abend im Thad­däus.



Ein Energiebündel mit 360 Grad Schokoladenseite begeistert in Kaisheim

Dave Davis nimmt im Kaisheimer Thaddäus Vorurteile mit Humor und versucht, den Deutschen afrikanische Lebensfreude zu vermitteln. Das kommt beim Publikum an.

Donauwörther Zeitung Nr. 101 vom 03. Mai 2023                * Von Daniel Weigl *

Dave Davis versprühte auf der Bühne im Kaisheimer Thaddäus pure Lebensfreude.               Foto: Daniel Weigl

Kaisheim   Dave Davis ist ein lebens­froher Mensch. Zumindest vermit­telt dies der 50-jährige Rheinlän­der auf der Bühne der Kleinkunst­brauerei Thaddäus und will dem Kaisheimer Publikum ein bisschen dieser Lebensfreude mit nach Hause geben. „Wenn Ihr als Ther­mometer hier reinkamt, will ich, dass Ihr als Thermostat wieder hier rausgeht“, gibt Davis das Mot­to vor.

     „Ruhig Brauner, Demokratie ist nichts für Lappen“ heißt das Pro­gramm, das Davis - der vielen aus dem Fernsehen mit seiner Figur des gut gelaunten Putzmannes „Motombo“ bekannt sein dürfte - mit nach Kaisheim gebracht hat. Das Programm hört sich auf den ersten Blick politischer an, als es ist. Dennoch verpackt der Kölner, mit Wurzeln aus Uganda, ein paar klare Botschaften und nimmt vor allem Vorurteile gegenüber Aus­ländern gnadenlos auf die Schip­pe.

     Aber eines versteht der „Köl­sche Jung“ bis heute nicht. „Ihr Deutschen lebt in den reichsten Ländern der Welt, sagt das mal eu­rem Gesicht!“ Die Afrikaner hinge­gen hätten nichts, seien aber glücklich. Davis versteht sich als „Terrorist der Lebensfreude“ und will den gestressten Deutschen ein bisschen Selbstvertrauen mitge­ben. „Du bist königlich, du bist ne geile Sau“, predigt der Kabarettist dem Kaisheimer Publikum vor und warnt vor allem die Damen im Saal, sich nicht von dem Kapitalis­mus vorgegebenen Schönheitsbild aus Hochglanzmagazinen beein­flussen zu lassen. Schließlich sei die Realität eine völlig andere. „Die Models da drin sind so dünn, die kann man mit einem Teelicht rönt­gen, lacht Davis und ergänzt: „Ich blättere doch auch nicht in einem Arier-Magazin und denke mir: ‘Verdammt, bin ich schwarz!“ 

     Davis beschreibt seinen Humor als kulinarisch ganzheitlich. Er mag es flach, aber auch geistreich. Die Flachwitze („Der amerikani­sche Rapper 50 Cent heißt bei der Inflation in Uganda 80 Dollar“ oder „Der hatte zwei linke Füße, darum trägt er im Sommer Flop- Flops“) dominieren an diesem Abend in Kaisheim ganz eindeutig, was der guten Laune im Publikum aber keinen Abbruch tut. Und so wirbelt Davis über zwei Stunden auf der Bühne, streut weise Ratschläge seines Opas aus Uganda ein („Wenn dir die Sonne aus dei­nem Hintern strahlt, hast du we­nigstens immer Licht“), berichtet über seine Treffen in der Herrengruppe mit dem bescheidenen Na­men „Die Weltherren der Götter“, zerstört vor lauter Energie auf der Bühne sein Wasserglas und singt spontan als Udo Lindenberg einem im Publikum sitzenden Ehepaar ein Ständchen zum 33. Hochzeits­tag. Man muss diesen sympathi­schen und witzigen Rheinländer mit „360 Grad Schokoladenseite“ einfach gernhaben.



"Mozart googeln" mit Michael Sens in Kaisheim

Mit seinem neuen Programm unterhielt der Kabarettist Michael Sens sein Publikum im Kaisheimer Thaddäus. Dabei war er auch gekonnt musikalisch unterwegs.
Donauwörther Zeitung Nr. 94 vom 24
. April 2023                * Von Elke Böcker *

Michael Sens ist nach neun Jahren Studium gerüstet für hochwertige Kabarettunterhaltung, wie er jüngst im Kaisheimer Thaddäus bewies.             Foto: Elke Böcker

Kaisheim   Statt Mozartkugeln …"Mozart googeln" – das ist kein Rechtschreibfehler, sondern das aberwitzige, neue Programm von Michael Sens. Der unterhielt sein – im Laufe des Abends immer stärker begeistertes – Publikum nicht nur mit Humor jenseits des Alltäglichen, sondern auch mit höchst gekonnten musikalischen Darbietungen an Klavier und Violine, ja er sang sogar. Schließlich habe er neun Jahre Musik studiert, so der Künstler, er habe den Ausgang einfach nicht gefunden.
     Das Ergebnis dieses gründlichen, umfassenden Studiums konnte sich dafür umso besser hören lassen: Seine musikhistorische Nachhilfe geriet zum erfolgreichen Lachmuskeltraining. Fachkundig riet er Opern-Unkundigen zu "Cavalleria rusticana" – da hätte man den Abend mit der kulturliebenden Partnerin schon nach gut einer Stunde geschafft. Er bezeichnete – mit musikalischen Belegen – Reinhard Mey als Wiedergeburt von Walter von der Vogelweide, und mithilfe der Nationalhymne der DDR erläuterte er die Verwendung von Plagiaten quer durch die Jahrhunderte.

​Eine wundervolle, witzige Zeitreise im Thaddäus

     Seine Falco-Imitation "Amadeo/Hamma Deo" – ausgestattet mit Sonnenbrille – geriet zur wundersam skurrilen Zeitreise. Im Laufe des Abends bot er dann noch einer Vielzahl bekannter Komponisten – von Beethoven bis Gershwin – in einer fiktiven Fußballreportage einen munteren Spielauftritt. Pantomimische und akrobatische Verdeutlichungen seiner Analysen und Tipps zum beinahe ganzheitlichen Erlebnis werden – weit erfolgreicher als jede KI-Info.

      Von ganz besonderem Reiz des "artifiziellen" Kabarettprogrammes war Michael Sens kunstreiche Idee zur Befriedung der deutschen Sprache. Man müsse die Sprache durch Entfernung der Konsonanten entkeimen, selbige seien dann durch Nasallaute zu ersetzen. Schreiben kann man so etwas kaum, doch die Gäste hatten nach anfänglicher Verwirrung hörbaren Spaß an dieser abstrusen Idee von Michael Sens. Auch seine "Aging adaption beauty farm" mit Muskelabbau-Programm und Tipps für den "One-Pack" ließen das Publikum aufhorchen.
     Der facettenreiche Abend mit Humor und Musik verging fast zu schnell und macht Lust auf Fortsetzung. Am kommenden Freitag, 28. April gibt es mit Dave Davis und seinem Programm "Ruhig, Brauner! Demokratie ist nichts für Lappen. Ein Plädoyer für Lebensfreude" die nächste Gelegenheit, nach Kaisheim zu fahren.



Die peinliche Sache mit dem Mieder der Künstlerin im Thaddäus

 Beim Auftritt der Kabarettistin Katie Freudenschuss im Thaddäus in Kaisheim kommt es zu einer fast peinlichen Szene.

Donauwörther Zeitung Nr. 81 vom 06. April 2023                * Von Helmut Bissinger *

Eigens aus Hamburg nach Kaisheim gereist: Katie Freudenschuss. Den Abend wird sie nicht so schnell vergessen.               Foto: Helmut Bissinger

Kaisheim    Die Situation ist so pein­lich wie skurril: Da kommt eine Künstlerin direkt aus der Gardero­be auf die Bühne und prompt funktioniert die Sprechgarnitur nicht. Kein Problem, würde man denken. Aber dann: Der Sender für das Gerät ist im Mieder von Katie Freudenschuss versteckt. Da bleibt nichts andres übrig - der verdutz­ten Künstlerin muss Wirt und „Tontechniker“ Jürgen Panitz vor einem amüsierten Publikum „an die Wäsche“.
     Beherzt fischt Panitz mit einem Griff in den Rückenausschnitt des Kleides der Künstlerin das Gerät heraus, wechselt es und nach 15 Minuten kann Katie Freudenschuss endlich mit ihrem Pro­gramm beginnen. Das Publikum  klopft sich auf die Schenkel und hat die Vermutung, dass die Panneneinlage Teil des Programms ist.
     Jürgen Panitz sieht das, was er erstmals in der langen Thaddäus- Geschichte erlebt hat, eher ernüch­tert, während Katie Freudenschuss beweist, dass sie eine Meisterin der Stand-up-Comedy ist. Wie sie, durchaus sichtlich genervt, die Momente „umschifft“, zeigt Größe. Der Einstieg in ihr Programm ist damit natürlich verkorkst, aber was heißt Programm. Die Ham­burgerin hat eher einen Leitfaden, lebt vielmehr ihr Talent als Enter­tainerin. Sie beobachtet ihr Publi­kum und merkt schnell, Daiting- Gags sind „nichts für Donau-Ries“.
     Katie Freudensehuss präsen­tiert eine Mischung aus Kabarett, eigenen Songs und grandiosen Im­provisationen. Sie plaudert mit Norbert in der ersten Reihe, entlockt ihm Persönliches und kreiert damit ein Kurz-Musical - mutig, emotional mit offenem Visier. Was früher besser war? Die Besucherin­nen und Besucher haben dies vor­her auf Notizzetteln skizziert. Freudenschuss greift sich willkür­lich Notizen und fasst die Stich­worte in Gedichte.
     Die halb österreichische Hessin ist eigens aus Hamburg angereist und angesichts des Malheurs zu Beginn ihres Auftritts, wird sie den Abend nicht vergessen. Zwischen­durch sorgt sie sich um Jürgen und fragt, ob sich dessen Adrenalinpe­gel wieder eingependelt habe. Mit großer musikalischer Vielfalt ver­steht sie es, die großen und kleinen Begegnungen und Begebenheiten in Worte oder Kompositionen zu fassen. Schnell versteht man, wa­rum sie im vergangenen Jahr den Deutschen Kleinkunstpreis in der Sparte Chanson erhalten hat.
     Mittlerweile gebe es dekonstruiertes Essen, und das nimmt sie zum Anlass eine dekonstruierte Konstruktion von „Atemlos“ auf die Bühne zu bringen.
     Die Interaktion mit dem Publi­kum ist die Stärke von Freuden­schuss. Ihre Geschichten sind ver­rückt und doch ganz nah am wahren Leben. Gegen die Schwer­mut kämpft sie mit feiner Ironie und gegen die Übel der Welt mit Boshaftigkeit. Am Ende hat sie vie­le Gags, aber sie vermögen nicht jene höchst amüsante Anfangssze­ne mit dem Headset zu toppen.


„Normal ist das nicht!“ – Martin Zingsheim begeistert das Publikum

 In einer Welt, die wir als „normal“ betrachten, zeigte Kabarettist Martin Zingsheim im Kaisheimer Thaddäus mit Charme und Witz die menschlichen Abnormitäten.

Donauwörther Zeitung Nr. 73 vom 28. März 2023                * Von Ilona Schmid *

Gemeinsam mit seinen Musikern brachte Martin Zingsheim (Mitte) ein buntes, ehrliches und rundum humoristisches Programm auf die Thaddäus-Bühne.            Foto: Ilona Schmid

 Kaisheim     Morgens aufstehen, Kaffee zum Frühstück, mit dem Auto an die Arbeit: Für viele Menschen sieht so der gewöhnliche Alltag aus. Aber was heißt schon „ge­wöhnlich“? Ist die Normalität so, wie wir sie definieren, wirklich so normal? Für Kabarettist und Musi­ker Martin Zingsheim ist klar: „Nein, denn wir haben alle einen an der Klatsche!“ - und das lebt er auf der Kleinkunstbühne im Kaisheimer Thaddäus mit seinem ak­tuellen Bühnenprogramm „Nor­mal ist das nicht!“ auch aus.
     Eigentlich würde der 39-jährige Kölner sich selbst als sehr normal bezeichnen („Ich bin Sparkassen­kunde und fahre VW.“) - aber was ist in dieser verrückten Welt schon „normal“? Eine Tochter, die Ballett tanzt, und der Sohn als Fußballer? „Normalität ist ein Kampfbegriff, damit man in der Spur bleibt“, meint Zingsheim.
     Dabei haben doch alle Men­schen so ihre Eigenheiten: Schritt­zähler, die am Ende des Tages so­wieso nur acht Schritte anzeigen, oder WLAN-Namen wie „Martin Router King“ und „das gelobte LAN“ - „Normal ist das nicht!“, stellt Zingsheim fest und stößt durchweg auf lachende Zustim­mung. Doch Zingsheim kann nicht nur Kabarett vom Feinsten - auch musikalisch ist auf der Bühne einiges geboten: Er selbst singt und  spielt Klavier und Mundharmonika (zeitweise sogar gleichzeitig!)  und wird von Claus Schulte am  Schlagzeug und Martin Weber mit  Geige und Gitarre unterstützt. So  gelingen den dreien auch über  wortgewandte Texte hinaus echte  Hits, die zum Klatschen anregen.
      Zeitweise erzählt der Familienvater auch aus seinem Leben: Wie  schwierig er es als Vegetarier an  Weihnachten habe, obwohl der Vater den Truthahn doch extra vegan  füllt, oder wie der Traum vom  Schauspiel durch unreine Haut  zerstört wurde („Wo sollte ich mitspielen? Bei Akne X?“). Dass Holly­wood bei ihm nun nur noch „Hollywut“ auslöst, liege vor allem daran,  dass man sich neben John Travolta und Co. nur wie das Mittel­maß fühlen kann: „Wäre unser Le­ben ein Film, käme er nicht ins Kino und wir bekämen auch kei­nen Oscar - es sei denn, wir nen­nen unser Kind so.“
    Auch die Pandemie macht sich der Kabarettist zum Thema. Sicher ist er sich hier in einem Punkt: Co rona sei definitiv erfunden. „Und zwar von drei Frauen, die krampf­haft überlegt haben: Wie kriegen wir Männer weltweit dazu, sich die Hände zu waschen?“
     Anfangs habe man noch hoffen können, die Pandemie sei schnell vorbei. Immerhin halte etwas, das aus China kommt, erfahrungsge­mäß maximal drei Monate. Doch 
Zingsheim stellt nur schulterzu­ckend fest: „China ist eben doch eine uralte Volksrepublik.“ Dass die Pandemie gesellschaftlich tiefe Spuren hinterlassen hat, merkt der Kölner auch an sich selbst: „Hab' ich mir gedacht: Man könnte den PCR-Boden im Wohnzimmer mal neu verlegen.“
     Immer wieder klingen in Zings­heims wortgewandten Witzen auch ernsthaftere Themen an: Es geht um Mitmenschlichkeit, Kli­mawandel, Lohngerechtigkeit für Pflege- und Erziehungsberufe und die Zukunft. „Die Zukunft steht vor der Tür, ich mach nicht auf!“, lautet seine zynische Devise in ei­ner Welt künstlicher Intelligenz im neuen Benz, Familienfotos in der Cloud und dem Baby, das statt per Kaiserschnitt irgendwann per Zoom-Konferenz kommt.
     War früher wirklich alles bes­ser? Ein Blick ins Mittelalter ge­nügt Zingsheim, um zu sagen: hy­gienetechnisch eher nicht. Und die Studenten der wilden 60er, die auf der Straße waren, gebe es auch heute noch: „Nur sitzen die heut­zutage unter Heizpilzen.“
     Nach gut zwei Stunden stim­men Zingsheim und seine Musiker zum letzten Lied an: Ein „Happy End“ für alle wünscht sich der Comedian in seinem melancholisch­musikalischen Abschluss und eins ist gewiss: Diesen Abend hat er zum Happy End des Publikums maßgeblich beigetragen!


Mia Pittroff wandelt in Kaisheim zwischen nett und böse

Wie sich die Kabarettistin Mia Pittroff bei ihrem Auftritt im Thaddäus in Kaisheim ganz behutsam in die Herzen ihres Publikums schleicht.

Donauwörther Zeitung Nr. 66 vom 20. März 2023                * Von Helmut Bissinger *

Plauderte im Thaddäus in Kaisheim amüsant aus dem Leben: Kabarettistin Mia Pittroff.                      Foto: Helmut Bissinger

Kaisheim        Sie wagt den Spagat. Auch in ihrem neuen Programm „Wahre Schönheit kommt beim Dimmen“. Mia Pittroff ist eine Kabarettistin, die auf schmalem Grat wandelt. Sie spricht ihr Publikum direkt an, greift Zwischenrufe auf und ver­sucht, wie sie selbst sagt, vorder­gründig nett, hintersinnig böse zu sein. Nach diesem Prinzip agiert sie auch auf der Kleinkunstbühne des Thaddäus in Kaisheim - und erntet viele Lacher.
     Die gebürtige Fränkin schnappt ihre treffsicheren Beobachtungen und Pointen da auf, wo sie sich ge­rade bewegt: zwischen Provinz und Großstadt, Dialekt und Hochdeutsch, zwischen Kindern und Karriere und nicht zuletzt zwi­schen den Jahren. Es ist schwer, sie in eine Kabarett- oder Comedy- Schublade zu stecken.
     Man merkt Pia Pittroff an, dass sie vor ihrer Kabarett-Karriere als Poetry-Slamerin auf den Bühnen unterwegs war. Ihre Kinder sind es, aber auch ihre Eltern, die sie im­mer wieder ins Spiel bringt.
     Und Mia Pittroff fragt sich, was denn nun der Virologe Christian Drosten mache, da Corona ja in den Hintergrund gerückt sei. Sie habe ihm geschrieben, wisse sie doch als Künstlerin, wie es sei, wenn man plötzlich nichts mehr zu tun habe.
     Während sie darüber sinniert, wie oft sie ihre Passwörter ändern müsse („mein digitales Bauch-Beine-Po-Programm“), springt sie zur Politik. Sie sei wohl erfunden wor­den, um das Volk mit Kugelschrei­bern zu versorgen. Am liebsten sei­en ihr jene, die von der AfD im Wahlkampf verteilt würden, „weil die klaut dir im ICE keiner“.
     Zurück bleibt die Tochter einer dieser jung gebliebenen Menschen im besten Alter, die den Endspurt ihres Lebens als Leistungssport betreiben. Der Vater, ein ehemali­ger Verwaltungsangestellter bei der Stadt, kauft sich ein tolles neu­es Fahrrad, dessen Lenkstange auch als Hüftgelenk einsetzbar ist. Andere überqueren die Alpen, statt gelassen auf den Postboten oder den Tod zu warten.
     Schließlich nötigt die knapp 40-Jährige ihre aufmerksamen Zu­hörerinnen und Zuhörer dazu, sich als Sommer-Publikum zu offenba­ren. Ja, meint sie dann, „der Som­mer ist Helene Fischer unter den Jahreszeiten“.
     Mit Charme und jeder Menge Liebreiz beweist die studierte Ger­manistin, dass sie auch derb kann. Bei allem Schalk blitzt ständig der schwarze Humor heraus. Zwi­schendurch singt sie mit überra­schend kräftiger Stimme, während sie sprachlich eher leise und zu­rückhaltend erscheint.
     Gerade dieser Kontrast ist es wohl, der die Unterschiede so deutlich macht: nett und freund­lich in Ausdruck und Stimme, doch scharf und hintersinnig im Text.


Andreas Rebers ist in Kaisheim ätzend und hochmusikalisch

Der Kabarettist Andreas Rebers liebt die Kleinkunstbühne Thaddäus und hat dort sein neues Programm getestet.

Donauwörther Zeitung Nr. 65 vom 18. März 2023                * Von Helmut Bissinger *

Probierte bei einer Vorpremiere auf der Thaddäus-Bühne in Kaisheim sein neues Programm: der Kabarettist Andreas Rebers.        Foto: Helmut Bissinger

Kaisheim   „Dieser Ort gehört zu den schönsten und liebevollsten, an denen man sein Geld verdienen kann.“ Das hat Andreas Rebers ins Gästebuch der Kleinkunstbühne Thaddäus in Kaisheim geschrieben, als er dort erstmals gastierte. Seitdem ist der Kabarettist mehrmals zurückgekehrt. Diesmal in einer besonderen Mission: Er wollte sein neues Programm „rein geschäftlich“ in einer Vorpremiere vor Publikum testen.
     Wenn er es nun in diesen Tagen in Freiburg, Singen, Wien und Bonn präsentiert, könnte es durchaus sein, dass das Publikum ganz andere Schwerpunkte im Programm von Rebers erlebt. Er wird die Überlängen herausnehmen und sehr wohl registriert haben, dass seine politischen Passagen zum Schmunzeln, aber nicht für Lacher geeignet sind.
     In den vergangenen Jahren hat man Rebers in ganz unterschiedlichen Rollen kennengelernt: als Hausmeister des Herrn und Blockwart Gottes, als Exorzist, Volkskommissar für Rache und Vergeltung oder als beliebter Erfinder der Dachlattenpädagogik. Jetzt also ein Rebers, der die Moral-Weltmeister karikiert – mit Außenministerin Annalena Baerbock als „Zeitgeist-Nutte“ oder Robert Habeck in der Rolle des „zärtlich“ Entschlossenen.

Politik, Religion und gesellschaftliche Strömungen sind Thema bei Rebers

     Die Corona-Zeit hat den knapp 65-Jährigen offensichtlich kaum verändert: Er ist ätzend und hochmusikalisch, er ist ironisch und witzig, manchmal auch läppisch. Auch diesmal fesselte er das Publikum wegen seiner Aktualität. „Die Deutschen von heute sind doch nicht besser als die Deutschen von damals“, ruft der Kabarettist ins Auditorium, das verlegen lächelt.
     Das Gegenteil von Zukunft ist für Rebers die Herkunft. Klingt schwierig, ist es in manchen Passagen auch. Muster sind nicht sein Ding. Und so vertändelt er sich eben auch, wohl wissend, dass er dabei ist, die Pointen vor der eigentlichen Premiere im intimen Rahmen des Thaddäus auszuprobieren. Rebers blickt auch auf die Monate der Krise zurück. „Und Corona ist noch nicht vorbei. Erst, wenn es auch eine deutsche Variante gegeben hat.“

Andreas Rebers schaut im Thaddäus in Kaisheim genau hin

     Politik, Religion und gesellschaftliche Strömungen sind seine Themen, die er auch in seinen Liedern aufgreift, sich selbst am E-Piano begleitend. „Betreutes Denken“ wie im Fernsehen gibt es bei ihm nicht. Durch die Spielzeit zieht sich Sabine Hammer, seine alleinerziehende Nachbarin. Sie muss für Vergleiche herhalten – eine Figur, die auch schon in den vorherigen Programmen des vielfach ausgezeichneten Kabarettisten eine tragende Rolle spielte.
     Rebers schaut den Menschen auf den Mund. Besonders gern Annalena Baerbock mit ihrer „feministischen Außenpolitik“. Er begegnet Nachbarn wie jenem Fliesenleger, den er als Meister der Fuge kennengelernt habe. Dieser zweifele, ob es Corona überhaupt gegeben und ihn gefragt habe, ob Covid-19 in Wirklichkeit nicht eine Erfindung der Plexiglas-Mafia gewesen sei. 



„Sieht aus wie Blumenkohl, kann aber mehr!“

Kabarettist Werner Koczwara sorgt mit seiner Analyse des menschlichen Gehirns für Lacher im Kaisheimer Thaddäus.
Wie er Humor und Medizin verbindet.

Donauwörther Zeitung Nr. 61 vom 14. März 2023                * Von Daniel Weigl*

Seziert das Gehirn mit Humor: Werner Koczwara in der Kleinkunstbrauerei Thaddäus in Kaisheim. Foto: Daniel Weigl

Kaisheim   Als einen „blitzgescheiten Schwaben mit einer Vorliebe für bayerischen Schweinebraten“, stellte Thaddäus-Wirt Jürgen Pa­nitz den Kabarettisten Werner Koczwara dem Publikum in der Kleinkunstbrauerei vor. Tatsäch­lich konnten die zahlreichen Gäste an diesem Abend in Kaisheim nicht nur herzhaft lachen, sondern auch etwas lernen. In seinem Pro­gramm „Mein Schaden hat kein Gehirn genommen!“, stellte der vom Spiegel als „Erfinder des juris­tischen Kabaretts“ bezeichnete Schwabe, seine Fähigkeiten als „Humor-Mediziner“ unter Beweis. Mit anschaulichen Bildern und medizinischen Studien versuchte Koczwara dem Ursprung des Humors in unserem Gehirn auf den Grund zu gehen.
     Dabei zerlegte er das wichtigste Organ des menschlichen Körpers in seine Einzelteile. Wer an einen trockenen Medizinvortag denkt, der täuscht sich. Koczwara schaff­te es, komplexe medizinische Pro­zesse auf seine eigene Art dem Kaisheimer Publikum verständlich zu vermitteln. Das Reptilienge­hirn, das für essenzielle Körper­funktionen zuständig ist, verglich der Kabarettist mit einem schwä­bischen Hausmeister, der im stän­digen Konflikt mit dem Neocortex steht und nichts Neues ausprobie­ren will. Wie sehr vereinzelte menschliche Gehirne Hilfe benöti­gen, veranschaulichte Koczwara anhand von unsinnigen Warnhin­weisen auf Produkten. „Kleidung nicht am Körper bügeln!“ oder „Das Kind vor dem Einklappen des Kinderwagens herausnehmen! “. Anscheinend gäbe es Menschen, die solche Warnhinweise benöti­gen, wunderte sich Koczwara.
     Ohnehin weigere sich der Mensch, seine eigene Intelligenz zu messen. „Ein IQ-Test ist wie eine Darmspiegelung. Man schiebt den Termin lange hinaus, weil man Angst vor dem Ergebnis hat.“ Der 65-Jährige, der sich unter anderem als Autor von Harald Schmidt und „Verstehen Sie Spaß?“ einen Na­men gemacht hat, beleuchtete nicht nur das Gehirn („sieht aus wie Blumenkohl, kann aber mehr“) in all seinen Facetten, sondern stellte auch die gravierendsten Un­terschiede zwischen Männern und Frauen heraus. So erläuterte der Kabarettist aus Schwäbisch- Gmünd nicht nur warum Männer in Schubladen denken und die Denkprozesse bei Frauen einem verworrenen Wollknäuel ähneln, sondern hatte auch die Erklärung parat, warum eine Frauen-Minute länger dauert als eine Männer-Minute.

Das Publikum konnte viel lernen

     Ja, das Kaisheimer Publikum lernte viel an diesem Abend. Etwa, dass Einsteins Relativitätstheorie entstand, als er auf seine Frau im Badezimmer wartete oder warum die Seitenbacher Werbung im Hirn einer Achterbahnfahrt gleicht. Auch Ängste waren ein Thema: wie etwa Halitophobie (Angst vor Mundgeruch) oder Hippopotomonstrosesquippedaliophobie (Angst vor langen Wörtern). Um diese nicht hervorzurufen, lautet das Fazit des Abends kurz und prägnant: lustig, lehrreich, listig. 


Mit dem "Blauen Ballon" von Kaisheim nach Karelien

 "Expromt" gastiert als Trio auf der Kleinkunstbühne "Thaddäus" und bringt wunderbare Klangwelten mit, die zusammenrücken lassen.

Donauwörther Zeitung Nr. 54 vom 06. März 2023                * Von Elke Böcker * 

In Trio-Formation begeisterte das Quartett "Exprompt" im "Thaddäus". Der Vierte im Bunde konnte nicht ausreisen.      Foto: Elke Böcker

Kaisheim      Einen mitreißenden Abend erlebten die Gäste im Thaddäus von Kaisheim mit der karelischen Gruppe „Exprompt“. Bereits zum zweiten Mal gastierte die Band in der ehemaligen Brauerei, diesmal jedoch nur zu dritt, da dem Kontrabass-Musiker, Eugeny Tarasenko, die Ausreise nicht möglich war. Die russischen Musiker, deren Heimat an der Grenze zu Finnland liegt, wohin sich Karelien ebenfalls erstreckt, begeisterten unter dem Titel „Der blaue Ballon“ mit einem höchst abwechslungsreichen, vielschichtigen Programm.
     Zu ihrem spannenden Reper­toire - auf ihren zum Teil recht un­gewöhnlichen Instrumenten - ge­hörten russische Volkstänze, aber auch Melodien von Strawinsky, Glinka, Tschaikowsky oder Paganini. Weltmusik, Straßenmusik, Tanzmusik, Ballettmusik, Klezmer, Volksmusik - ein bunt gemischtes Repertoire sorgte für eine ganz be­sondere Stimmung. Dabei faszi­nierte das geradezu unheimlich virtuose Spiel von Olga Kleshchenko an der Domra, dem ältesten be­legten Volksmusikinstrument Russlands. Die unter Zar Alexei I. verbotene Domra fand erst Ende des 19. Jahrhunderts zurück in die Musikwelt, ja gar in die Orchester­welt. Dieses dreisaitige Lautenin­strument ist ein Vorläufer der in Westeuropa besser bekannten Ba­lalaika.
     Olgas Ehemann Alexey Kleshchenko brillierte eben auf ei­ner solchen Balalaika, demons­trierte gar, dass es sich beileibe nicht um ein leicht zugängliches Volksinstrument handelt, sondern lotete sämtliche Stimmungen und Klangfarben gekonnt aus. Als Drit­ter im Bunde beeindruckte Alexey Dedyurin an seiner Bajan, der ost­europäischen Form des chromati­schen Knopfakkordeons. Er ent­lockte seinem Instrument Klänge, die von den Tönen einer Flöte über die einer Oboe bis hin zur Orgel reichten: fein und leise oder mäch­tig und kraftvoll mit tiefem Sound.
     Gemeinsam erschufen die drei Vollblutinstrumentalisten eine wunderbare Klangwelt, die die Menschen aller Welt nah zusam­menrücken lässt. So gab es eine Ta­rantella aus Süditalien, eine polni­sche Polka und den in allen slawi­schen Ländern beliebten tempera­mentvollen Tanz „Tziganitszhka“. Walzermelodien durften ebenso wenig fehlen, wie der bekannte „Säbeltanz“ als Zugabe. Natürlich ließen die drei auch das Lied vom „Blauen Ballon“ erklingen, eine Weise, die zu Beginn des 20. Jahr­hunderts vor allem bei Arbeitern in St. Petersburg beliebt war. Gefühle wie Lebensfreude, Vitalität, Me­lancholie und Liebe fanden ihre musikalische Entsprechung und berührten das Herz der zahlrei­chen Zuhörer. Welch schöner Abend.

® Weitere Informationen zum ge­wohnt bunten Programm im „Thad­däus“ gibt es unter www.kleinkunst- kaisheim.de unter „Veranstaltungen“.


Am Aschermittwoch ist alles vorbei? Nicht im Thaddäus

Die Kleinkunstbühne in Kaisheim hatte zum traditionellen Fischessen mit Bühnenprogramm eingeladen.
 Und da zeigte sich, dass auch in der Fastenzeit noch Gaudi sein darf.

Donauwörther Zeitung Nr. 47 vom 25. Februar 2023                * Von Elke Böcker * 
Flavia und Reiner Panitz gaben dem Aschermittwoch im Thaddäus eine nachdenkliche, aber auch pfiffige und hintersinnig-komische Note.
 Foto: Elke Böcker

Kaisheim    Am Aschermittwoch ist normalerweise ja alles vorbei. Die ganze Faschingsgaudi hat ein Ende und der Ernst des Lebens hat uns wieder ... - Ganz anders freilich verhält es sich in der Kleinkunst­bühne Thaddäus in Kaisheim. Da ging’s am Aschermittwoch erst so richtig los. Mit der neuen Spielsai­son nämlich, und die hat es - hin­tersinnig, komisch, tiefgründig - einmal mehr in sich. Zwar gab es - zu Beginn der Fastenzeit - ein obli­gatorisches, sehr köstliches Fisch­menü, doch noch viel schmackhaf­ter geriet das herzerfrischende Bühnenprogramm von Mehlprimel Reiner Panitz und dessen Tochter Flavia , die sich auf der Bühne so wunderbar ergänzen.
     Die Besucher hatten sichtlich Vergnügen an den melodischen Instrumental­stücken, die auf Hackbrett und/ oder mit der Gitarre zum Besten gegeben wurden. Sie wurden er­heitert von feinem Spott oder ku­riosen, eloquenten Sprachspielen, von leiser Ironie und Wortwitz. Der entspannte Abend im Gewölbe des wunderschönen Wirtshaussaals ließ - jenseits von lautem Techno und langweiliger Systemgastrono­mie - kaum Wünsche offen.
     Flavia und Reiner beherrschen gekonnt den Wechsel zwischen feinsinnigem bis schrägem Witz und emotionalen Klängen. Wild­west-Musik am Hackbrett, Landler an der Harfe, schottische Melodien oder ein temperamentvoller Rum­ba mit Gitarre erfreuten die Gäste und sorgten für überraschende Momente. Bekannte geschichten und Lieder wie zum Beispiel von den "Fliegenden Untertassen" oder "Senioren, Senioren" aus dem Munde von Reiner Panitz ließen die Herzen langjähriger Mehlpri­mel-Fans - doch nicht nur diese - höherschlagen. Mit dem „Hauptmann-Lied“, einem Anti-Kriegs- Lied, das Flavia voll des jugendli­chen Gefühls und mit schöner Stimme interpretierte, rückte der Ukraine-Krieg ganz nah. Ebenso bewegend gestaltete sie das Lied von den Kranichen, die mit ihrer Trauer ziehen. Das war eindringli­che Musik direkt aus der Ukraine.
     Doch weil das Leben viele unter­schiedliche Facetten hat und bei Weitem nicht nur Trauer, Angst und Tod dazu gehören, durften auch gewohnt komische Texte wie „Allein im Ortsverein“ oder rund ums Essen wie der - herrlich realistisch - vom "Googles Pizzaservice" nicht fehlen. Kuriositäten, Hindernisse, ja der ganz normale Wahnsinn inbegriffen. Lachen gehört in der Mehlprimel-Welt eben auch dazu, genauso wie ein poetisches Bellman-Lied als Zugabe.
     Das nächste Mal tritt das starke Vater-Tochter-Ensemble am Montag, 10. April, zusammen auf. Dann liefert es „Volle Familienpackt im Thaddäus ab. Der Kartenverkauf läuft bereits. Doch voher haben Liebhaber der Kleinkunst noch einige andere Gelegenheiren, sich den einen oder anderen schönen Abend bei der dortigen Kleinkunstbühne zu gönnen: An 3. März gastiert das karelische Exprompt-Quartett unter dem Motto „Der blaue Ballon“ und mit viel Spielleidenschaft in Kaisheim. Am 17. März wird es mit Mia Pitroffs Programm „Wahre Schönheit kommt beim Dimmen“ humorvoll und hintergründig. Wetere Informatinen zum Programm gibt es im Internet unter kleinkunst-kaisheim.de unter "Veranstaltungen".


Lüttichau kann weit mehr als nur Staller

Der Schauspieler und Komiker Helmfried von Lüttichau - bekannt als Teil eines TV-Duos - trat im „Thaddäus“ auf.

Donauwörther Zeitung Nr. 45 vom 23. Februar 2023                * Von Barbara Würmseher   * 

  Man kennt Helmfried von Lüttichau vor allem als die zweite Hälfte des Femseh-Duos „Hubert und Staller“. Im „Thad­däus“ zeigte er, dass er auch solo kann. Es war ein urkomischer Abend.            Foto: Barbara Würmseher

 Kaisheim   „Hubert und Staller“ ist für Freunde der gepflegten Krimi­komödie ein Muss. Ebenso genießt die Fortsetzung dieser TV-Serie „Hubert ohne Staller“ wohl einen hohen Beliebtheitsgrad. Jetzt aber gab es die umgekehrte Variante live im Kaisheimer „Thaddäus“ zu erleben - quasi also „Staller ohne Hubert“, denn Schauspieler Helm­fried von Lüttichau trat ohne sei­nen langjährigen Duo-Partner auf. Diesen Typ aus dem Fernsehen von Angesicht zu Angesicht erle­ben zu können, war wohl auch der Grund für die rege Nachfrage nach Karten. Das „Thaddäus“ platzte je­denfalls aus allen Nähten.
Eigentlich hieß die Nummer ja „Plugged - ein Soloprogramm“, die da über die Kleinkunstbühne geht. Doch natürlich sind Ähnlich­keiten mit der Rollenfigur Staller nicht ganz von der Hand zu wei­sen. Natürlich bringt der Protago­nist ein Stück weit den skurrilen Polizisten mit nach Kaisheim. Und natürlich kokettierte Lüttichau selbst auch damit, dass er Teil ei­nes gefühlt fast unzertrennlichen Paares sei - ähnlich wie „Dick und Doof“, die er als Beispiel erwähnt.
Doch diese Facette seiner Per­sönlichkeit ist nur eine von vielen. Um ihn besser kennenzulernen, folgt das Publikum seinem Le­benslauf, den Lüttichau nur zu gerne preisgibt - charmant, au­genzwinkernd und mit dem Fokus auf den ganz normalen Wahnsinn, der sich mitunter einschleicht. Ei­gentlich spricht Lüttichau sogar von einer „Lebensbeichte“ und die gleicht einem Zickzack-Kurs.
Kindheitserinnerungen führen in die Schulzeit, in der er unter Miss-Piggy-Körper und Prinz-Eisenherz-Frisur zu leiden hatte. In der Pubertät ging es weiter und schließlich entwickelte er eine „Adipositas emotionalis“ - also ein „gefühltes Zu-dick-Sein“. Er outet sich als „Bewegungslegastheniker mit der Begabung zur Ungeschick­lichkeit“, gleichzeitig aber auch als Dialekt-Talent, das nahtlos zwi­schen Plattdeutsch, Bayerisch, Sächsisch, Wienerisch, Hessisch und Schwäbisch hin- und herglei­tet.
Kaum zu glauben, dass der Schauspieler eigentlich aus dem hohen Norden kommt. Denn vor allem das Bayerische kommt ihm höchst geschmeidig über die Lip­pen, wie er nicht nur am Beispiel der Gemeinde „Guiching“ (Gil­ching mit drei ui) beweist.
Auch musikalisch ist er nicht an einem Genre festzumachen. Ange­fangen hat er mit Blockflöte, dann stieg er auf Geige um, die er im Gruppenunterricht erlernte: „Kön­nen Sie sich das vorstellen? Alle haben eine Geige, aber keiner kann sie spielen - am wenigsten der Lehrer.“ Aber eigentlich ist Helm­fried von Lüttichau ein verhinder­ter Rockstar, der auch „Knocking on Heaven’s Door“ drauf hat.
Gerne erzählt er alte Witze - zu­mal solche, die andere vor ihm er­funden haben. Immerhin schmückt er sich nicht mit frem­den Federn, sondern kokettiert ge­radezu damit: „Gute Witze kann man im Sinne der Nachhaltigkeit immer wieder aufwärmen. Immer wenn’s heute Abend besonders witzig ist, ist es nicht von mir.“
Aber das ist nur die halbe Wahr­heit. Denn neben Karl Valentin und anderen Favoriten gibt auch die höchst eigene Lüttichau-Komik immer wieder Anlass zum Lachen. Ob es die Klebe-Blumen auf der Schlaghose sind, denen er in Ju­gendtagen den Spitznamen „Pril“ zu verdanken hat, ob es die skurri­len Episoden von der Schauspiel­schule sind und der leicht sadis­tisch angehauchte Direktor ist, über den er an die Toilettenwand schreibt „Macht aus dem Wiener ein Würstchen“ - seine eigene Le­bensgeschichte gibt ihm immer wieder Anlass, eine amüsante Note zu finden.
Aber Helmfried von Lüttichau kann auch leise. Da rezitiert er ein Gedicht von Robert Gernhard, oder singt ein Wiener-Lied von Paul Hörbiger („...denn der Herrgott weiß immer, warum!“) oder hat ei­gene nachdenkliche Gedanken im Programm. Man spürt, dass hinter der Gaudi ein Mensch - auch - mit Tiefgang steckt.